Die Werkbundsiedlungen in Europa 1927-1932 sind eine transnationale Kulturerbestätte in insgesamt vier Ländern (Deutschland, Polen, Tschechische Republik, Österreich) und fünf Städten (Stuttgart, Breslau, Brünn, Prag, Wien). Nach dem Ersten Weltkrieg bestand überall in Europa dringender Bedarf an geeigneten Wohnungen. Unter dem Stichwort „Neue Sachlichkeit“ suchten fortschrittliche Architekten aus verschiedenen Teilen Europas nach bezahlbaren Lösungen, um den gesellschaftlichen Bedürfnissen mit gut gestalteten, qualitätsvollen Gebäuden gerecht zu werden.
Die 1927 in Stuttgart errichtete Weißenhofsiedlung war die erste Werkbundsiedlung; sie gab den Anstoß für die Planung ähnlicher Projekte nach modernen Prinzipien. Die anderen Siedlungen entstanden zwischen 1928 und 1932. Alle standen vor der Schwierigkeit, ihre fortschrittlichen Ideen einer breiteren Öffentlichkeit zu vermitteln. Unter der Naziherrschaft wurden die Gebäude wegen ihrer modernen Gestaltung verunglimpft. Nach dem Zweiten Weltkrieg verlief die weitere Entwicklung in unterschiedlichen Richtungen, da einige der Werkbundsiedlungen hinter dem Eisernen Vorhang lagen. 2013 wurde das „Netzwerk Werkbundsiedlungen“ gegründet, um den Austausch über bewährte Verfahren und über Fragen des Erhalts der Siedlungen zu fördern. Auch die Werkbundsiedlung in Zürich (Schweiz) gehört diesem Netzwerk an.
Die Werkbundsiedlungen in Europa 1927-1932, die als Architekturexperiment begannen, hatten erheblichen Einfluss auf die Architektur des 20. Jahrhunderts, da sie es Architekten aus verschiedenen europäischen Ländern ermöglichten, ihre Theorien von moderner Baukunst in die Praxis umzusetzen. In den Siedlungen manifestiert sich der europäische Ursprung dieser Bewegung mit entscheidenden Entwicklungen in fünf Ländern.
Die Werkbundsiedlungen nehmen einen wichtigen Platz in der Geschichte der Europäischen Architektur ein; ihre Entwicklung im Laufe der Zeit spiegelt aber auch die unterschiedlichen politischen und sozialen Verhältnisse im Osten und im Westen wider. Ihre sozialen, emanzipatorischen, ästhetischen und technischen Bestrebungen und die daraus gewonnenen Erkenntnisse sind eine Inspirationsquelle bis in die heutige Zeit, in der manche europäische Länder wieder bemüht sind, angemessenen sozialen Wohnraum für ihre Bevölkerung zu schaffen.