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Culture and Creativity

Wien: Stadtplanung für und mit Frauen

Umfassende Stadtviertelentwicklung in der Seestadt Aspern.

Länder:
Type of project :
Size of city/region:
View of Aspern Lake City in Vienna, Austria

Eckdaten

Architekturbüros:

Hauptsponsor: Wien 3420 Aspern Development AG (Stadt Wien, Bundesimmobiliengesellschaft, Vienna Insurance Group, Erste Bank)

Jahr der Fertigstellung: 2003 begonnen – laufend

Gesamtfläche: 240 ha

Städtischer / regionaler Hintergrund

Die Stadt Wien gilt seit über 25 Jahren als Vorreiterin bei der geschlechtergerechten Planung. Die ersten planungsorientierten Bemühungen gingen 1991 vom Frauenbüro aus und führten 1998 zur Einrichtung eines speziellen Koordinierungsbüros. Gender-Mainstreaming wurde im Jahr 2000 zu einer stadtweiten Strategie, die sich auf die Raumentwicklung erstreckte. Von 2005 bis 2010 führte Wien rund 60 Pilotprojekte auf allen Planungsebenen durch. Dieser Ansatz, der von einem Gender-Planning-Sachverständigen geleitet wurde, umfasste eine interdisziplinäre Zusammenarbeit auf allen Verwaltungsebenen.

Das Projekt „Seestadt Aspern“ besteht in der Neuentwicklung eines ehemaligen Flugfelds, durch die rund 10 500 Wohnungen für mehr als 20 000 Menschen und 20 000 Arbeitsplätze geschaffen werden sollten. Die an einem künstlichen See gelegene Fläche erstreckt sich auf 240 Hektar und zählt zu den größten Entwicklungsprojekten Europas.

Die Herausforderung bestand darin, über einen langen Zeitraum einen nachhaltigen neuen Teil der Stadt zu entwickeln, der von Frauen und Männern zu gleichen Teilen genutzt wird.

Lösung

Die Seestadt Aspern steht beispielhaft für eine inklusive, geschlechterbewusste Stadtentwicklung in einem Randgebiet.

Die Entwicklung der Seestadt Aspern konzentrierte sich auf geschlechtsspezifische Aspekte und die Bedürfnisse von Frauen, wie eine höhere Sensibilität für die Sicherheit im öffentlichen Raum und ihren größeren Anteil an der Betreuungsarbeit. Gleichzeitig wurde ein nutzerzentrierter Ansatz verfolgt und das Augenmerk auf die Gemeinschaftsbildung gerichtet.

Bei der Gestaltung des Geländes und der einzelnen Gebäude wurden die Bedürfnisse von Frauen berücksichtigt. Dazu zählte die Gestaltung von Parks, die Breite und Barrierefreiheit von Gehwegen, die Ausstattung des öffentlichen Raums mit Sitzgelegenheiten, eine gute Beleuchtung von Straßen sowie eine polyzentrische Struktur, bei der alles Nötige in weniger als 15 Minuten zu Fuß erreichbar ist.

Im gemischt genutzten Zentrum werden Leben (mit Sozial- und Eigentumswohnungen sowie Co-Housing-Projekten), Arbeit, Kultur und soziale Infrastruktur miteinander verbunden.

Die meisten für die breite Masse vorgesehenen Planungstätigkeiten in Aspern sind in hohem Maße geschlechtsspezifisch, wie z. B. die erste organisierte Einkaufsstraße in Österreich, die Betreuungsarbeit erleichtert.

Mit Blick auf erschwinglichen Wohnraum unter einem geschlechtsspezifischen Gesichtspunkt schafft das Projekt ein sicheres und barrierefreies städtisches Umfeld, in dem sich Frauen zu jeder Tageszeit frei bewegen können. Angst auslösende Räume, wie z. B. Tiefgaragen, wurden sorgfältig konzipiert, um das Sicherheitsgefühl zu verbessern.

Kriterien für hohe Qualität (Kontext, Verbundenheit mit dem Ort, Diversität, Ästhetik)

  • 2003 richtete die Stadt ein Projektteam ein, dem Grundeigentümer und umliegende Nachbarn angehören. Diese hatten die Möglichkeit, ihre Bedürfnisse und Ideen einzubringen, und erhielten einen Sitz in der Jury des europaweiten Wettbewerbs um die Gestaltungsgrundsätze für die öffentlichen Räume der Seestadt Aspern.
  • Der Schwerpunkt wurde auf die Gestaltung öffentlicher Räume gelegt, wobei im gesamten Gebiet verschiedene Formen von Parks, Plätzen und halboffenen Räumen zur Verfügung stehen.
  • Mit dem Projekt sollen nachhaltige städtische Mobilitätsformen gefördert und die Abhängigkeit vom Auto verringert werden. Es gibt ein dichtes Netz aus Gehwegen, Radwegen und Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel (Bus und U-Bahn) in der Nähe.
  • Die Straßen und öffentlichen Plätze sind ausschließlich nach Frauen benannt – z. B. Simone-de-Beauvoir-Platz und Janis-Joplin-Promenade. Das ist eine subtile Reaktion auf die historisch vorherrschende Praxis, sie nach Männern zu benennen.
  • Die Anwohnerinnen und Anwohner identifizieren sich stark mit der Gemeinschaft. Viele berichten, dass sie sich wie urbane Vorreiter fühlen und ihnen das Leben dort wie im Urlaub erscheint, vor allem im Sommer, wenn sie von ihren Wohnungen aus im Badeanzug zum See spazieren können.

Planung und Management

Für die allgemeine Projektentwicklung ist die Entwicklungsagentur (Wien 3420 Aspern Development AG) zuständig. Sie arbeitet bei der Entwicklung und Planung eng mit der Stadtverwaltung zusammen, da sich nach Abschluss der Errichtung der öffentlichen Räume die Stadt Wien um deren Instandhaltung kümmert. Ein spezielles Referat für Stadtentwicklung im Geschäftsbereich Bauten und Technik des Magistrats koordiniert die verschiedenen mitwirkenden Abteilungen der Stadt.

Die Wien 3420 AG besteht aus etwa 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das Team für Nachbarschaftsmanagement ist mit sechs Personen vor Ort vertreten. Darüber hinaus arbeiten viele Beschäftigte der Stadtverwaltung an verschiedenen Themen mit (Stadtplanung, Straßen, Parks, Baugenehmigungen, Schulen, Kindergärten usw.).

Budget und Finanzierung

Das Gesamtbudget des Projekts belief sich auf 5 Mrd. EUR und wird hauptsächlich aus Einnahmen aus der Flächenentwicklung finanziert und aus kommunalen und nationalen Mitteln unterstützt.

Nachahmenswerte Ideen

Wien konnte erfolgreich sein, weil es gelungen ist, das Gender-Mainstreaming in allen Planungsebenen und -aufgaben zu verankern. Bei diesem Ansatz wurden verschiedene geschlechtsspezifische Kriterien berücksichtigt, die besonders in den Bereichen Stadtgestaltung, Wohnen, Gestaltung von Grünanlagen, Verkehr und Mobilität zum Tragen kommen. Die erfolgreiche Umsetzung beispielsweise in öffentlichen Parks zeigt, dass die öffentliche Hand als Landeigentümerin die Kontrolle hat und die unterschiedlichen Bedürfnisse der Nutzenden berücksichtigt. Ähnlich ist es bei der Gestaltung von Straßen und öffentlichen Plätzen, wenngleich ihr Einfluss bei lokalen Dienstleistungen aufgrund der Marktdynamik geringer ist.

Tipps der Stadt:

  • Finden Sie starke und zuverlässige Partner, die bereit sind, mit Ihnen einen längeren Weg zu gehen.
  • Bleiben Sie offen für den Austausch mit anderen und seien Sie vorsichtig dabei, was Sie annehmen und was Sie ablehnen; bleiben Sie flexibel und aufmerksam, denn was Sie bislang erreicht haben, ist vielleicht beim nächsten Mal nicht mehr die beste Lösung.
  • Setzen Sie Ihre Gender-Brille auf, ansonsten bleiben Sie auf einem Auge blind.

Kontakt

E-Mail-Kontakt zur Abteilung Stadtentwicklung und Stadtplanung der Stadt Wien.